Veranstaltungsbericht

Parlamentarisches Frühstück zur Verwaltungsmodernisierung

Lara Mieg



Wenn der Staat langfristig handlungs- und strategiefähig sein möchte, muss er dringend die notwendige Basis für eine moderne Verwaltung legen. Dafür ist eine solide Daten- und IT- Grundlage auf dem Stand der Technik unerlässlich - sowohl um die Potenziale von Open Data zu nutzen als auch für den Einsatz Künstlicher Intelligenz. Unter der Schirmherrschaft von Nadine Schön MdB, stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU Bundestagsfraktion und Mitglied im Ausschuss für Digitales, veranstaltete das Bündnis F5 am 09.04.2024 ein parlamentarisches Frühstück, um sich darüber auszutauschen, welchen politischen Rahmen es für den Einsatz von KI braucht und wie wir das Potenzial unserer Datenschätze für die Verwaltungsmodernisierung besser nutzen können.

Foto des parlamentarischen Frühstücks
Foto des parlamentarischen Frühstücks, CC BY-SA 4.0 Lilli Iliev, via Wikimedia Commons
KI-Transparenzregister zur Folgenabschätzung

In Bezug auf den Einsatz von KI-Systemen in der öffentlichen Verwaltung konnte Matthias Spielkamp, Geschäftsführer von AlgorithmWatch, die Frage in seinem Impulsvortrag schnell beantworten: Es braucht ein KI-Transparenzregister. Das Register kann einen Überblick über Zweck, Hersteller, Zuverlässigkeit und Wirksamkeit der in Behörden eingesetzten KI-Anwendungen bieten und damit sowohl dazu beitragen, die Öffentlichkeit zu informieren, als auch Wissen zwischen Behörden auszutauschen.

Vor allem könnte das KI-Transparenzregister gewährleisten, dass die eingesetzten Anwendungen nachweisbar mit Grundrechten und demokratischen Prinzipien vereinbar sind. Zugleich würde es die KI-Kompetenz der Verwaltung erhöhen. Durch ein zweistufiges System zur Folgenabschätzung würde das Risiko negativer Folgen durch KI-Systeme minimiert. Die Ergebnisse der Folgenabschätzung würden im Transparenzregister veröffentlicht, sodass es einen entscheidenden Beitrag dazu leisten würde, den Einsatz von KI-Systemen in Behörden besser nachvollziehen zu können. Das würde dazu führen, das Vertrauen in die Arbeit der Verwaltung zu erhalten oder sogar zu stärken. Die Behörden würden dabei von KI-Expert*innen unterstützt, sodass sie ihre KI-Kompetenzen zugleich stärken könnten. Matthias Spielkamp appellierte deshalb an die anwesenden Politiker*innen, das KI-Transparenzregister als Teil der nationalen Umsetzung der KI-Verordnung auf den Weg zu bringen.

Open Data für die Verwaltungsmodernisierung

Eine weitere Stellschraube, durch die von Behörden eingesetzte KI-Systeme zuverlässiger und transparenter gemacht werden können, ist die Bereitstellung von Linked Open Data als Grundlage für entsprechende Anwendungen. Diesen sowie weitere Vorteile von Open Data im staatlichen Kontext beleuchteten Henriette Litta, Geschäftsführerin der Open Knowledge Foundation Deutschland und Stefan Kaufmann, Referent für Politik und öffentlicher Sektor bei Wikimedia Deutschland, im zweiten Impulsvortrag des parlamentarischen Frühstücks.

Momentan wird bei KI-Systemen vielerorts auf Large Language Models gesetzt. Häufig neigen diese Systeme jedoch zu Halluzinationen wenn sie nur mit den Bestandsdokumenten der Verwaltung gefüttert werden. Die beiden argumentieren deswegen dafür, durch die automatisierte Veröffentlichung von Linked Open Data eine Grundlage für Symbolic AI zu schaffen – also Systeme, die aus dem maschinenlesbaren Wissen der öffentlichen Hand beweisbare Schlussfolgerungen ziehen können. Die Bereitstellung von offenen und maschinenlesbaren Daten könnte gewährleisten, dass staatlich eingesetzte KI-Systeme wie Chatbots Nutzer*innen stets mit zuverlässigen Informationen versorgen. So wie zum Beispiel Wikidata mit einem signifikanten Teil des Wissens der Welt die Infrastruktur im Hintergrund für Sprachassistenzsysteme und andere Anwendungen darstellt, könnten so außerdem auch staatliche Informationen in entsprechende Auskünfte einbezogen werden.

Open Data wird bisher oft als Maßnahme für Dritte verstanden: Entweder für den Erhalt von Vertrauen in die Verwaltung durch Transparenz, oder für eine Wertschöpfung durch die Nutzung dieses Wissens durch die Wirtschaft. Häufig gerät dabei aus dem Blick, wie die dafür aufzubauenden Infrastrukturen den Behörden selber nutzen können und der Staat dadurch seine Handlungsfähigkeit erhalten kann. So könnten durch die Modernisierung der staatlichen IT-Infrastruktur im Rahmen des Einsatzes von Open Data Grundlagen geschaffen werden, die für etliche Vorhaben und Prozesse von der Registermodernisierung bis hin zur Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes notwendig sind.

Was es für den Einsatz von Open Data nun braucht

Um den Einsatz von Open Data politisch zu fördern, müssen nun verschiedene Hebel in Bewegung gesetzt werden. Zentral sind neben dem Rechtsanspruch auf Open Data im Rahmen eines starken Transparenzgesetzes eine Reform des § 5 UrhG sowie die konsequente Anwendung des bereits bestehenden Servicestandards für die digitale Verwaltung. Neben diesen politischen Veränderungen braucht es jedoch auch einen allgemeinen Paradigmenwechsel, durch den der Fokus bei der Verwaltungsdigitalisierung auch auf die IT-Architektur hinter der Bildschirmvorderseite gelenkt wird. Dass dies in der Praxis funktionieren kann, zeigen Länder wie Schleswig-Holstein und Berlin. Sie begreifen Datenmanagement bereits heute als Infrastrukturaufgabe und sind im Begriff, ihre digitale Infrastruktur durch Linked Open Data auf ein solides Fundament zu stellen.

Ein finales Plädoyer des Bündnis F5 ist, dass die Zivilgesellschaft mit all ihrer Expertise stärker bei der Entwicklung und Umsetzung von Technologiestandards wie Open Data einbezogen werden muss. Durch den dort bereits vorhandenen Erfahrungsschatz müssten viele Aspekte der strategischen Digitalisierung in der Verwaltung gar nicht neu erarbeitet werden, während die Abhängigkeit von externen kommerziellen Dienstleistern auf der anderen Seite reduziert werden kann. Schließlich würde der Wissenstransfer so dazu beitragen, dass die Verwaltung entsprechende Kompetenzen teilweise auch selbst internalisiert und damit eine der notwendigen Weichen für einen digital souveränen Staat stellen.

Auch wenn die anberaumte Stunde nicht ausreichte, um die vielen offenen Fragen rund um die Themen zu besprechen, bot das parlamentarische Frühstück unter Schirmherrschaft von Nadine Schön, MdB den Teilnehmenden einen wertvollen Austausch darüber, wie die Verwaltungsdigitalisierung durch Verbindlichkeiten und Vorgaben in den Bereichen Künstliche Intelligenz und Open Data und den Erfahrungsaustausch mit der Zivilgesellschaft vorangebracht werden kann.

Weitere Links:

Ein KI-Transparenzregister für die öffentliche Verwaltung
Open Data Knowledge Hub der OKFN
Impulse zu Open Data in der Datenstrategie
Fotos des parlamentarischen Frühstücks auf Wikimdia Commons