Veranstaltungsbericht
Online-Briefing zum Digitalen Omnibus der EU-Kommission mit Kai Zenner
Online-Briefing zum Digitalen Omnibus der EU-Kommission mit Kai Zenner
Am 27. August lud das Bündnis F5 zu einem Online-Briefing ein, um über das geplante digitale Omnibuspaket der Europäischen Kommission zu diskutieren. Ziel der Veranstaltung war es, mehr Klarheit über mögliche Änderungen bestehender EU-Digitalgesetze und deren Auswirkungen zu gewinnen.
Im Gespräch zwischen Kai Zenner, Büroleiter und Policy Advisor für Digitalpolitik des Europaabgeordneten Axel Voss, und Matthias Spielkamp, Geschäftsführer von AlgorithmWatch wurde deutlich: Noch herrscht große Unklarheit darüber, wie die Kommission das Gesetzesvorhaben tatsächlich ausgestalten wird. Klar ist lediglich, dass das Vorhaben bis Ende 2025 vorgelegt werden soll und digitalpolitische Regelwerke auf EU-Ebene evaluiert und angepasst werden sollen, unter anderem um den bürokratischen Erfüllungsaufwand für Unternehmen zu reduzieren. Betroffen sein könnten unter anderem der AI Act, der Digital Services Act sowie die DSGVO.
Unterschiedliche Erwartungen an das Vorhaben
Kai Zenner betonte, dass es in Brüssel durchaus unterschiedliche Perspektiven auf das Vorhaben gibt: Mitglieder des Europäischen Parlaments, wie auch Axel Voss, begrüßen den Ansatz, Regelwerke besser aufeinander abzustimmen, um rechtliche Ungenauigkeiten auszuräumen. Allerdings sind sie skeptisch, dass manche Akteure den Prozess nutzen, um inhaltliche, materiell-rechtliche Fragen erneut zur Diskussion zu stellen. Zu beobachten ist beispielsweise, wie manche Unternehmensverbände derzeit Regelungsvorschläge einbringen, die sich in den ursprünglichen Gesetzgebungsprozessen nicht durchsetzen konnten.
Internationale Dimension
Ein wichtiger Einflussfaktor auf das Gesetzesvorhaben sind die laufenden Zollverhandlungen mit den USA. Da europäische Digitalgesetze zahlreiche US-Tech-Unternehmen betreffen, pocht die US-Regierung darauf, deren Durchsetzung einzuschränken.
In diesem Zusammenhang diskutierten Kai Zenner und Matthias Spielkamp den derzeit häufig genannten Wunsch nach mehr Unabhängigkeit von US-Konzernen und den von ihnen bereitgestellten Clouds, Plattformen und Softwareanwendungen. Vor allem geht es bei dieser Frage für Matthias Spielkamp aber auch um Souveränität im eigentlichen Sinne der staatlichen Handlungsfähigkeit. Obwohl diese Frage digitalpolitische Diskurse momentan auf nationaler wie europäischer Ebene dominiert, merkte Kai Zenner an: Im Kontext des Omnibusverfahrens haben Fragen der Souveränität bislang kaum eine Rolle gespielt – hier gehe es primär um die Reduzierung von bürokratischem Aufwand und Compliance-Kosten. Chancen für mehr Unabhängigkeit sieht er eher bei neuen Gesetzgebungsverfahren, etwa über mögliche „Buy European“-Klauseln bei öffentlichen Ausschreibungen.
Ausblick
Aus Sicht von F5 ist zentral, dass erst kürzlich gefundenen Regelungen im Zuge des Digitalen Omnibusverfahrens nicht grundlegend abgeschwächt werden. Stattdessen sollen sie ihren ursprünglichen Zweck immer noch erkennbar erfüllen und unter anderem dazu dienen, dass Online-Plattformen stärker im Sinne ihrer Nutzenden gestaltet werden, dass Menschen Autonomie über ihre persönlichen Daten ausüben können und, dass die Auswirkungen einflussreicher KI-Systeme auf die Gesellschaft durch erste Transparenzpflichten und Standards für die Öffentlichkeit nachvollziehbar werden. Schutzstandards sollten entsprechend nicht zugunsten von vermeintlicher Wettbewerbsfähigkeit abgebaut werden. In langjährigen Prozessen ausgearbeitete und kürzlich beschlossene Gesetze wieder aufzuschnüren, widerspräche, wie auch Kai Zenner im Gespräch betonte, grundlegenden demokratischen Prinzipien.
Es braucht jetzt eine ambitionierte und langfristig gedachte Vision einer digitalen Gesellschaft und Zukunft, die gemeinwohlorientiert ist und auf die europäische und nationale Gesetzgeber*innen gemeinsam mit der Zivilgesellschaft und weiteren Stakeholdern hinarbeiten können.